Prolog

2124. Ja, es ist warm geworden. Auf der ganzen Welt ist es warm geworden. Und trotzdem regnet es in Weimar aus Eimern. Die Kippunkte, vor denen die Wissenschaftler immer gewarnt hatten, waren vor knapp 30 Jahren schon erreicht. Die Halligen an der Nordseeküste längst abgesoffen. Die Gesellschaft nur noch ein Rest ihrer ehemals so großartigen Organisation. Aber der Mensch, die größte Infektion dieses Planeten, gibt ja einfach nicht auf. Solange er noch technische Möglichkeiten hat, kämpft er weiter gegen das Unvermeidliche an. Die Enkel von Elon Musk und Jeff Bezos wohnen mittlerweile im Orbit. In gut gesicherten Habitaten. Und der Rest von uns – ist halt da geblieben, wo er es sich leisten kann, irgendwie klarzukommen. Ja, wir sind noch da.

Der Hausmeister hatte die Schnauze voll. Durchnäßt und verärgert kam er an der letzten Station seiner Tour an. Rittergasse. So ein blöder Name. Als ob es hier mal Ritter oder gar eine Burg gegeben hätte! Trotzdem wurde er seit fast fünfzig Jahren täglich zu diesem Haus geschickt. Einmal täglich mußte jemand diese Tür öffnen, hineingehen (obwohl man da nur ein paar Meter weit hinein kam), im Protokoll vermerken, ob die ganzen Blinkelichter noch an waren, die hinter der massiven Stahltür lauerten. Es war einer der ältesten Verträge der Verwaltung. Ein paar Mal schon hatten Punks die Haustür aufgebrochen und wollten den alten Kasten besetzen. Weiter als bis zur Stahltür waren sie aber nie gekommen. Irgendwann kam das Gerücht auf, der Besitzer selbst wohne immer noch hier. Aber wie sollte das sein bei einem Vertrag, der auf 120 Jahre abgeschlossen war? Der Hausmeister verstand es nicht. Und eigentlich war es ihm auch egal. Es war das letzte Objekt auf seiner Runde. Haken ins Protokoll, Stahltür zu und ab nach Hause.